Saulus wird auf der Walz zum Paulus
Die Eröffnung ist ein Fanal. Eine Tankstelle fliegt in die Luft. Diverse Rückblenden später wissen wir, dass der Explosion ein Mord voraus ging. Bastian hat einen Mann auf dem Gewissen. Die Tat begleitet ihn, als er auf Wanderschaft, auf die Walz, geht.
Es ist das Motiv von Reue und Schuld, auch das Saulus/Paulus-Thema, das den neuen Film von Dominik und Benjamin Reding durchzieht: „Für den unbekannten Hund“. Ein Mörder ringt mit seinen Dämonen. Er schließt sich Handwerksgesellen an, und die Reise mit tippelnden Steinmetzen wird zu einer inneren Reise. Kameradschaft, Brüderlichkeit, Aufrichtigkeit heißt die Lektion. Als Bastian (Lukas Steltner) dahinter kommt, dass er einen aus dieser „Bruderschaft“ getötet hat, bekommt die Wanderschaft etwas von einer Büßerfahrt. Die Bluttat war sinnlos, scheinbar ohne Motiv, aus einer Augenblickslaune heraus. Gewalt im deutschen Osten. Wo Andres Veiel („Der Kick“) nüchtern rekonstruiert, nehmen die Redings sich künstlerische Freiheit. Und überhöhen die Geschichte ins Tragisch-Theatralische. Szenen wie Metaphern, Dialoge wie gemeißelt, bildgewordene Seelenqual. Man muss dass nicht immer gut finden. Manchmal trägt der Film zu dick auf, wirkt sein Pathos plakativ, die Figuren gekünstelt, ein Schauplatz hergesucht. Jederzeit aber ist absoluter Gestaltungswille spürbar. Der Film ist ein Unikat, keine Schablone. Er hat Kanten, die stören und irritieren, aber immerhin wurden sie nicht weg gehobelt. Er verweigert ein seichtes happy end, geht nicht den bequemen Weg. So eine Vision durchzuziehen, erfordert Mut und birgt das Risiko kommerziellen Scheiterns. – Über die Form kann man streiten. Interessant als Milieu-Studie (Brauchtum und Sprache der Handwerksbrüder), mit einem schön knarzigen Ferris MC, der aussieht wie der letzte aller Freibeuter.