Wenn Ulrich Weigang zur Arbeit geht, weiß er nie, in welche Stadt es ihn diesmal verschlägt. Der 43-Jährige ist Hubschrauberpilot bei der DRF Luftrettung, er wird gerufen, wenn Schwerverletzte schnell in Spezialkliniken gebracht werden müssen.
„Ich bin schon zur Patientenverlegung in Italien gewesen“, erzählt Weigang: „Ein anderes Mal hatte ich einen Flug von Freiburg nach Enschede.“ Stationiert ist er mit seinem Hubschrauber BK117 am Dortmunder Flughafen. Im Alltag sei er in einem Radius von etwa 100 Kilometern rund um Dortmund im Einsatz.

Im Cockpit des Hubschraubers gebe es praktisch keine unwichtigen Messinstrumente, sagt Pilot Ulrich Weigang. Man müsse sich selbst eine Routine schaffen, alle nacheinander im Blick zu haben. Wird irgendwo der Druck oder die Temperatur zu hoch, muss der Pilot die Leistung drosseln. © Kevin Kindel
Im Zivildienst sei er im Rettungsdienst tätig gewesen, eine ärztliche Ausbildung hat der Pilot aber nicht, der immer mit einem Arzt oder einem Sanitäter unterwegs ist. Erste-Hilfe-Kurse sind in seinem Einsatzbereich aber regelmäßig Pflicht. „An Bord sind wir ein Team“, sagt Ulrich Weigang. Der Mediziner passt zum Beispiel mit auf, wo der Pilot landen kann, der Pilot hat auch ein Auge auf den Patienten.
Der Rettungshubschrauber ist normalerweise mit 240 km/h auf einer Höhe von etwa 500 Metern unterwegs. Während des Fluges kann der Patient übrigens nicht versorgt werden. „Wir können ihn nur überwachen und den Kreislauf aufrechterhalten“, sagt Björn Orschel, der als Rettungssanitäter zu den Einsätzen mitfliegt. Die Behandlung muss vor Abflug passieren, sodass der Zustand des Patienten stabil ist.
Beatmungsgeräte, Instrumente, die über einen festgelegten Zeitraum Medikamente abgeben und Verbandszeug gehören zur Standardausrüstung eines Rettungshubschraubers. „Außerdem haben wir eine mechanische Reanimationshilfe für eine laufende Herzdruckmassage“, erklärt Orschel. Die Maschine erhält das Leben des Patienten, auch wenn das Herz nicht mehr von alleine schlägt.
Der 40-jährige Björn Orschel ist seit zwölf Jahren als Sanitäter im Hubschrauber unterwegs. Um den Job zu bekommen, muss man vorher mindestens fünf Jahre lang am Boden im Rettungsdienst gearbeitet haben. Ein spezieller Kurs für die Luftrettung ist nötig, außerdem sind einmal im Jahr Fortbildungen Pflicht. „Die Zusammenarbeit mit dem Piloten und dem Notarzt an der Einsatzstelle macht die Arbeit schon sehr besonders“, sagt Orschel.
Eine Start- oder Landeerlaubnis braucht das Team des Rettungshubschraubers übrigens nur in sogenannten Kontrollzonen, etwa in der Nähe von Flughäfen. Bei schweren Unfällen schaut die Feuerwehr in der Regel vorher, wo der Hubschrauber landen könnte, und sperrt den Bereich ab.
„Wir entscheiden schlussendlich aber selbst, wo wir landen“, sagt Ulrich Weigang. Im Landeanflug dreht er immer eine große Runde, um sich das Gelände vor Ort anzusehen. Da kann es schon mal passieren, dass er auf einer schmalen Straße zwischen Bäumen eine absolute Punktlandung hinlegen muss.
„Eigentlich brauchen wir den Sicherheitsabstand eines doppelten Rotordurchmessers“, sagt der Pilot. Wenn umstehende Autos und Zäune aber deutlich niedriger sind als die Rotoren des Hubschraubers, kann er auch entscheiden, direkt an einer Unfallstelle zu landen. Das Team hat nicht die Zeit, weit zu laufen. Wenn Ulrich Weigang gerufen wird, geht es meistens um Leben und Tod.
Kevin Kindel, geboren 1991 in Dortmund, seit 2009 als Journalist tätig, hat in Bremen und in Schweden Journalistik und Kommunikation studiert.
