Junge Flüchtlinge knüpfen in Lünen Freundschaften
Integrationskurs
Junge Männer aus Eritrea, Syrien und der Türkei befestigen Päckchen an einer Tannengirlande über einer Schultafel. Andere stellen einen adventlich geschmückten Strauß auf den Tisch. Der Raum des Multikulturellen Forums in Lünen wird gemütlich dekoriert: Nach zehn Jahren Pause findet dort wieder ein Jugend-Integrationskurs statt.

Die Teilnehmer des ersten Jugend-Integrationskurses beim MKF seit zehn Jahren und Dozentin Barbara Surma (3.v.r.) haben sich mit dem Thema Advent beschäftigt.
Der Jugend-Integrationskurs im Multikulturellen Zentrum in Lünen dauert drei Monate länger als der für ältere Teilnehmer. Auch der anschließende Orientierungskurs „Leben in Deutschland“ hat mehr Stunden. Insgesamt absolvieren die 18 Teilnehmer, die seit April dabei sind, 1.000 Unterrichtsstunden. „Bis zum Beginn dieses Kurses mussten alle jungen Leute zwischen Ende der Schulpflicht und dem 27. Lebensjahr zu Kursen nach Dortmund fahren“, so die langjährige Dozentin Barbara Surma.
Es waren nie ausreichend viele junge Teilnehmer für einen eigenen Kurs in Lünen vorhanden, den die Dozentin immer gerne angeboten hätte. Mit den Flüchtlingen, unter denen viele junge Leute sind, ergab sich nun nach zehn Jahren die Chance für einen speziellen Jugend-Integrationskurs . „Es ist ein anderes Lernen, wenn man im selben Alter ist“, weiß die erfahrene Dozentin.
Schicksal und Interessen schweißen zusammen
In der Gruppe sind Freundschaften entstanden. Man hat ähnliche Interessen und ähnliche Schicksale. So organisieren drei junge Männer aus Eritrea auf Cappenberg samstags immer ein Fußballspiel.
„Wir haben schon viel gelernt“, erzählt eine junge Spanierin, deren Familie aus Marokko stammt und deren Muttersprache deshalb Berberisch ist. Außerdem spricht die gelernte Apothekerin, die gerne in ihrem Beruf arbeiten würde, auch Katalanisch und Spanisch. Beim „Café im Turm“ in der Stadtkirche hilft sie regelmäßig mit und lernt so auch dort Deutsch. Weil ihre Familie in Lünen wohnt, kam sie auch hierher, denn in Spanien sieht es für junge Leute beruflich derzeit sehr schlecht aus. Jetzt hofft sie, in einer Lüner Apotheke zunächst einen Praktikumsplatz zu finden.
Das sind die Teilnehmer des Integrationskurses in Lünen
Eine berufliche Chance in ihrer neuen Heimat wünschen sich fast alle der jungen Kursteilnehmer. Mehrere wollen gerne eine Friseurlehre absolvieren. Darunter ist auch eine 22-jährige Bulgarin, die neben ihrer Muttersprache auch Spanisch, „ein bisschen Türkisch und Deutsch“ spricht, und seit einem Jahr in Deutschland lebt.
Ein 22 Jahre alter Syrer hat gerade seinen Führerschein gemacht. Ein junger Familienvater aus der Türkei war in seiner Heimat Möbelhändler und träumt von einem Praktikum in einem Möbelgeschäft hier. Seine kleine Tochter ist vor sieben Monaten geboren.
Gemeinsames Frühstück mit den Nachbarn
In seiner Heimat Eritrea war ein 24-Jähriger als Elektriker tätig. Nun hat er seit einem Jahr eine Wohnung in Lünen und hier zum Glück Nachbarn, die sich sehr um ihn kümmern, die er sogar „meine Familie“ nennt. Am Wochenende frühstückt man zusammen und gemeinsam waren der junge Flüchtling und die deutsche Familie auch schon auf dem Weihnachtsmarkt. Auch das Weihnachtsfest werden sie zusammen feiern.
Sportlich sind viele der jungen Männer. Darunter ist ein 19-Jähriger aus Eritrea, der in seiner Heimat Rennradprofi war. Er sorgt im Integrationskurs immer für gute Laune. Einen besonderen Berufswunsch hat ein 23-Jähriger aus Syrien. Er möchte gerne in Deutschland Polizist werden. „Zuhause war ich Schweißer, spreche Kurdisch und Arabisch, spiele gerne Fußball“, erzählt er. Ein 22-jähriger Teilnehmer aus Eritrea hofft, eine Lehrstelle als Tischler zu bekommen, wenn der Kurs vorbei ist.
Weil seine Familie in Deutschland lebt, kam ein 22-Jähriger aus Polen hier hin. Der gelernte Mechatroniker spielt gern Fußball und hört Musik. Er hofft, dass er nach dem Kurs in der Region eine Stelle in seinem Beruf findet.
Gemeinsam haben alle Teilnehmer – egal aus welchem Land und welchem Grund sie nach Deutschland kamen – die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Und den Willen, mehr über ihre neue Heimat zu lernen. Was ein Adventskalender und ein Adventskranz sind, wissen sie jetzt. Der Kalender wird jeden Tag abwechselnd geöffnet. Wer das selbst gebastelte Papiersäckchen an welchem Tag bekommt, entscheidet das Alphabet.
Drei Fragen an Barbara Surma, die Dozentin des Kurses
Wie geht es mit den jungen Teilnehmern nach dem Kurs weiter? Die Prüfung ist im März, der Kurs geht noch bis Anfang Mai. Für viele haben wir schon Termine bei der Jugendmigrationshilfe gemacht , das ist eine Beraterin bei der Caritas für diejenigen, die Abitur machen und studieren wollen. Bei den anderen, die auf eine Ausbildung hoffen, kümmert sich das Multikulturelle Forum darum.
Wird es wieder einen Jugend-Integrationskurs geben? Wenn es genügend Nachfrage gibt, soll es wieder einen Jugend-Integrationskurs geben. Zurzeit gibt es beim Multikulturellen Forum zwei davon, vier Alphabetisierungskurse und sieben Integrationskurse.
Die Nachfrage nach Kursen ist aber noch größer. Ja, das stimmt. Natürlich könnte man noch mehr Kurse anbieten, aber das größte Problem sind die fehlenden Räume. Außerdem braucht man geeignete Dozenten, die eine entsprechende Ausbildung haben. Die werden zurzeit auch noch gesucht.