Türen aus Stadtlohn: Vitadoor setzt auf Automatisierung und investiert massiv

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Wilhelm Rademacher, seine Nicht Christine Rademacher und Franz-Josef Rathmer (v.l.) von Vitadoor freuen sich über die vier Millionen Euro teure Presse, die Anfang 2022 in Betrieb gegangen ist. Bis 2024 plant das Stadtlohner Unternehmen noch einmal eine deutliche Erweiterung: Dafür sollen noch einmal 20 bis 25 Millionen Euro investiert werden.
Wilhelm Rademacher, seine Nichte Christine Rademacher und Franz-Josef Rathmer (v.l.) von Vitadoor freuen sich über die vier Millionen Euro teure Presse, die Anfang 2022 in Betrieb gegangen ist. Bis 2024 plant das Stadtlohner Unternehmen noch einmal eine deutliche Erweiterung: Dafür sollen noch einmal 20 bis 25 Millionen Euro investiert werden. © Stephan Rape
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Standardtüren und -zargen, aber auch individuelle Anfertigungen, hochpreisige Modelle in besonderen Maßen, lackiert, furniert – das Angebot, das bei Vitadoor an der Hölderlinstraße aus den Maschinen kommt, ist groß.

Trotzdem spricht Geschäftsführer Wilhelm Rademacher von dem Unternehmen als Nischenhersteller. „Wir sind ein kleiner Betrieb“, sagt er bescheiden.

Und doch: In ganz Deutschland werden die Türen und Zargen aus Stadtlohn verkauft. In erster Linie über Großhändler. 80 Mitarbeiter sind mit der Produktion beschäftigt. Gut zwei Drittel davon direkt in der Fertigung.

Die kompletten Hallen sind mit automatischen Flurförderfahrzeugen ausgestattet, die komplett automatisiert für den Transport sorgen. Gabelstapler fahren dort nicht.
Die kompletten Hallen sind mit automatischen Flurförderfahrzeugen ausgestattet, die komplett automatisiert für den Transport sorgen. Gabelstapler fahren dort nicht. © Stephan Rape

Die Türen würden als Premium wahrgenommen. Die Geschäftsführer würden sie aber selbst nicht so nennen. „Eben weil sie industriell gefertigt werden.“

Gerade erst ist eine neue vollintegrierte Presse in Betrieb gegangen. Computergesteuert werden in der Maschine die Türrohlinge zusammengesetzt: Vorgelagerte Maschinenteile schneiden die Hölzer und Voll- oder Röhrenspanplatten zu, Förderbänder transportieren sie weiter, bevor sie dann vollautomatisch zusammengefügt und aufgestapelt werden.

„Mittellage, Riegel und Decks“, erklärt Wilhelm Rademacher gegen den Maschinenlärm und deutet auf den hohen Turm, der sich völlig automatisch bewegt. Vier Millionen Euro hat die Maschine gekostet, sie sei das Modernste, was es aktuell auf dem Markt gebe. Anfang 2022 ist sie in Betrieb gegangen.

Millioneninvestition statt kleiner Erneuerung

Ursprünglich sei nur vorgesehen gewesen, eine neue Steuerung in eine alte Presse einzubauen. Zwischen 30.000 und 40.000 Euro hätte das gekostet. Doch mit Wilhelm Rademacher war das nicht zu machen. „Die neue Presse ist präziser, hat mehr Funktionen, vereint mehrere Arbeitsschritte und wir konnten uns mehr Arbeit hier ins Werk holen“, erklärt er.

Ein Blick auf die Lackierstraße: Türen werden dort automatisch mit mehreren Schichten Lack überzogen, der dann unter UV-Licht binnen kürzester Zeit aushärtet. Auch wenige Schritte neben den Maschinen ist der Lack dank der starken Absaugung nicht zu riechen.
Ein Blick auf die Lackierstraße: Türen werden dort automatisch mit mehreren Schichten Lack überzogen, der dann unter UV-Licht binnen kürzester Zeit aushärtet. Auch wenige Schritte neben den Maschinen ist der Lack dank der starken Absaugung nicht zu riechen. © Stephan Rape

Es gehe schließlich darum, Arbeitsplätze zu sichern. Und im wahrsten Sinne des Wortes etwas zu „unternehmen“: „Andere eiern da ‘rum“, schimpft er. Das sei nicht seine Art. „Ich habe mit unterschiedlichen Unternehmen gutes Geld verdient. Jetzt gebe ich etwas zurück“, macht er deutlich. Das mache man als Unternehmer eben oder man mache es nicht.

Automatisierung ist ein riesiges Thema

Auch abseits der neuen Presse ist Automatisierung in dem Betrieb ein riesiges Thema. Kein einziger Gabelstapler ist in den Werkshallen unterwegs. Automatische Flurförderroboter fahren Material und Paletten hin und her.

Auch Lackier- und Verpackungsstraßen oder Fräsen sind computergesteuert und funktionieren autark. Die Hallen insgesamt sind extrem sauber. Die Maschinen, an denen es wie für eine Tischlerei typisch staubt, sind in isolierte Kabinen eingeschlossen.

Vor dreieinhalb Jahren ist Christine Rademacher in die Geschäftsführung gekommen. Die Nichte von Wilhelm Rademacher soll das Geschäft weiterführen. Sie ergänzt: „Wir geben ja kein Geld für Blödsinn aus.“

Rademacher plant noch keinen Rückzug aus der Geschäftsführung

Verstärkung in der Geschäftsführung bedeutet aber nicht, dass Wilhelm Rademacher sich aus dem Betrieb zurückzieht. „Ich genieße es, hier zu arbeiten und alles mitzubekommen“, sagt er. Das Unternehmen mache ihm ganz einfach Spaß. Sein Alter möchte er in der Öffentlichkeit nicht nennen.

Nur so viel: Das Renteneintrittsalter hat er längst hinter sich gelassen. Dennoch: Ein Rückzug aufs Altenteil kommt für ihn nicht infrage. „Dafür fühle ich mich noch viel zu fit“, sagt er.

Christine Rademacher vor einem Teil der aktuellen Ausstellung. Die Türen von Vitadoor werden laut Geschäftsführung als Premiumprodukte wahrgenommen. Selbst würde das Unternehmen davon nicht sprechen.
Christine Rademacher vor einem Teil der aktuellen Ausstellung. Die Türen von Vitadoor werden laut Geschäftsführung als Premiumprodukte wahrgenommen. Selbst würde das Unternehmen davon nicht sprechen. „Weil sie industriell gefertigt werden“, sagt Christine Rademacher. © Stephan Rape

2004 hatte er das damals insolvente Unternehmen Tempelmann übernommen. Erst nur als Freundschaftsdienst, um die Insolvenz abzuwenden. Dann ist er dabei geblieben.

„Ich habe das Potenzial gesehen“, sagt er. Und doch strickte er den Betrieb radikal um. Mit einem Masterplan für den Ablauf in der Produktion baute er alle Maschinen und Strukturen um. „Die kompletten Hallen wurden neu organisiert“, erklärt auch Betriebsleiter Franz-Josef Rathmer.

Jeden Tag eine kleine Verbesserung im Blick

Und immer noch entdecken sie Kleinigkeiten und Missstände, die verbessert werden können. „Man darf die Augen nicht verschließen“, betont Wilhelm Rademacher. Nicht im Kleinen und erst recht nicht im Großen.

Denn die Investitionen gehen weiter: In direkter Nachbarschaft hat das Unternehmen noch einmal 11.000 Quadratmeter Grundstück gekauft. Dort sollen auf 5.000 Quadratmetern neue Hallen und Büros entstehen. 2024 soll alles fertig sein. Die Maschinen sind schon passend bestellt. Kostenpunkt: irgendwas zwischen 20 und 25 Millionen Euro. So sollen auch neue Arbeitsplätze entstehen.

Und da stößt man in dem Unternehmen gerade auf einen wunden Punkt: Qualifizierte Fachkräfte seien schlicht nicht zu bekommen. Aktuell sucht Vitadoor Elektriker, Elektroniker, Tischler, Anlagenführer und Lackierer. Auch kaufmännische Kräfte wären ein Segen. Doch der Markt ist leergefegt.

Ein zweites Problem: Energiekosten. Wärme für die Trocknung in den Lackierstraßen produziert das Unternehmen selbst. Aber die extrem starke Absaugung und die Druckluft für die Steuerung der Maschinen ist teuer. „Natürlich machen uns da die aktuellen Energiepreise riesige Sorgen“, erklärt Christine Rademacher. Doch auch dafür werde sich eine Lösung finden. Das Unternehmen ist eben immer in Bewegung.

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