
Die Verwirrung ist groß. In manchen Landkreisen und im gesamten Bundesland Schleswig-Holstein ist der Einzelhandel derzeit geöffnet, in anderen Gebieten ist Shopping nach vorheriger Terminvergabe möglich – das sogenannte Click and Meet. In wieder anderen Städten und Kommunen ist auch das nicht erlaubt, der Einzelhandel bleibt komplett zu. Diese uneinheitlichen Regeln haben mancherorts schon für Chaos gesorgt, so hatten zu Wochenbeginn zum Beispiel einige Geschäfte in Hannover für das Terminshopping geöffnet – obwohl das gar nicht erlaubt war.
Aber was bringen die neuen Regeln dem stark getroffenen Einzelhandel und den Kunden überhaupt?

Klar ist schon jetzt, dass sich Click and Meet für die großen Handelsketten deutlich weniger lohnt, sagt Axel Augustin, Sprecher vom Handelsverband Textil. Denn der Aufwand ist hoch: Die gesamte Ladenfläche muss beleuchtet und klimatisiert, die Verkäufer zurück aus der Kurzarbeit geholt werden. „Die großen Geschäfte sind auf das Spontangeschäft angewiesen. Vor allem am Freitagnachmittag und am Samstag wird der Umsatz gemacht. Und dann kommen normalerweise auch deutlich mehr Kunden als einer auf 40 Quadratmeter“, so Augustin.
30 Minuten Shoppingzeit bei H&M und Zara
Dennoch bieten die meisten großen Ketten das Terminshopping an. So können Kunden zum Beispiel auf der Internetseite von H&M online einen Termin für das Click and Meet buchen. Dieser gilt immer nur für eine Person und zeitlich begrenzt für 30 Minuten. Ähnlich verfährt Konkurrent Zara. „Damit alle Kund*innen ihre Shoppingzeit in vollem Ausmaß genießen können, werden sie nach 20 Minuten über Storedurchsagen an ihr Ende der Einkaufszeit erinnert“, heißt es von H&M.

Bis zu vier Stunden einkaufen bei Galeria Karstadt Kaufhof
Auf der Internetseite von Peek & Cloppenburg mit Sitz in Düsseldorf können Kunden 45 Minuten Shoppingzeit reservieren, dabei dürfen pro Termin bis zu vier Personen angegeben werden. Insgesamt 65 P&C-Filialen bieten den Service bundesweit an. Bei Peek & Cloppenburg Nord mit Sitz in Hamburg können Interessierte 60 Minuten Zeit reservieren, bei Galeria Karstadt Kaufhof sogar bis zu vier Stunden.

Keine Zeitbegrenzung bei Ikea
Beim Möbelriesen Ikea gibt es zwar eine Einlasszeit, die ebenfalls online reserviert werden muss, danach ist die Einkaufszeit aber nicht begrenzt. Jedoch schränkt Ikea ein: „Es handelt sich um ein unverbindliches Zeitfenster, der Einlass kann nicht garantiert werden und ist insbesondere abhängig von behördlichen Auflagen. Es kann u. U. zu Abweichungen vor Ort kommen.“

New Yorker und Deichmann ohne Onlinereservierung
Die meisten Ketten bieten außerdem spontanes Shopping an, sofern die maximale Kundenzahl von einer Person pro 40 Quadratmeter Geschäftsfläche noch nicht erreicht ist. H&M schreibt dazu: „Termine können selbstverständlich auch kurzfristig vor Ort gebucht werden, Informationen hierzu finden Kund*innen in den Fenstern der Geschäfte.“

Einige Geschäfte, wie zum Beispiel New Yorker und Deichmann haben gar keine Onlineterminvergabe, sondern bieten den Einlass nach telefonischer Absprache oder spontan vor Ort an. Pflicht ist in jedem Fall immer die Angabe der Kontaktdaten, um dem Gesundheitsamt die Nachverfolgung im Falle einer Corona-Infektion zu ermöglichen.
Die meisten Termine sind noch buchbar
Ob die Kunden Click and Meet auch nutzen, muss sich erst noch zeigen, so Augustin. Er möchte zumindest das Wochenende abwarten, um abzuschätzen, ob die Kunden kommen. Eine kurze Stichprobe unserer Redaktion hat aber ergeben, dass derzeit die meisten Termine in den Geschäften noch frei und buchbar sind – auch am Wochenende.

Diesen Trend bestätigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Demnach können sich mehr als die Hälfte der Deutschen (58 Prozent) derzeit nicht vorstellen, das Terminshopping zu nutzen. Nur für rund 36 Prozent der Befragten käme diese Möglichkeit infrage.
Vorteil für spezialisierte Läden
Doch auch wenn das Click-and-Meet-System nicht rentabel ist, können die großen Handelsketten nicht auf eine Öffnung verzichten, erklärt Augustin: „Allein wegen der Kundenbindung. Außerdem müssen die Geschäfte zuerst ihre Erfahrungen mit Click and Meet machen, bevor sie gegenüber der Politik argumentieren können, dass sich das nicht rechnet.“

Deutlich positiver sieht er das Modell für kleine und spezialisierte Läden. „Zum Beispiel in Brautmodengeschäften werden ja sonst auch Termine vergeben“, so Augustin. „Aber auch für hochexklusive Modegeschäfte oder den Bettenhandel kann sich Click and Meet rechnen.“ Dennoch fordert er eine flächendeckende Öffnung des Einzelhandels „noch deutlich vor Ostern“.
Für manche Geschäfte würde das Termingeschäft den Sterbeprozess nur verschieben.