Museumsleiterin Fertig-Möller geht zum 1. Mai
Stadtmuseum Werne
Nach 37 Jahren endet nun offiziell ihre Karriere als Museumsleiterin in Werne. Heidelore Fertig-Möller geht in Rente. In ihrer Freizeit will sie sich als Gästhörerin weiterhin der Geschichte widmen und ehrenamtlich der Stadtgeschichte Werne. Auch dem Stadtmuseum will sie nicht den Rücken kehren und hofft, schon bald ein neues Amt zu bekleiden.
Heidelore Fertig-Möller: Ein Rückblick auf ihr Wirken
Noch hält sie ihn nicht in den Händen. Beantragt hat Heidelore Fertig-Möller (65) ihn aber schon: den Gasthörerausweis für die Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Schwerpunkt: Geschichte.
Ab nächster Woche hat die scheidende Museumsleiterin Zeit, Vorlesungen zu hören: über die Piraterie um 1700 etwa oder die Bismarck-Zeit. Aber auch der Geschichte der Stadt Werne will sich die Historikerin im Unruhestand weiter widmen – ehrenamtlich.
Abschied nach 37 Jahren
„Etwas komisch“ sei das schon, sagt die zweifache Mutter und lässt ihren Blick durch den Raum wandern: vorbei an den Vitrinen mit den mittelalterlichen Münzen, der Ritterrüstung und den gerahmten Faksimiles der 700 Jahre alten Urkunden.
Für Heidelore Fertig-Möller ist das Stadtmuseum am Kirchhof nach 37 Jahren so etwas wie ihr zweites Zuhause geworden. „Wenn man einmal vom Urlaub absieht, habe ich hier sogar mehr Zeit verbracht.“ Damit wird ab Sonntag Schluss sein – mit der Leidenschaft für die Stadtgeschichte aber nicht.
Fertig-Möller hofft auf Vorsitz im Förderverein
Der 1. Mai wird der erste Tag sein, an dem Heidelore Fertig-Möller nicht mehr Museumsleiterin ist. Schon am 2. Mai werde sie aber ein neues Amt haben, hofft sie: das der Vorsitzenden des Fördervereins Stadtmuseum – mit einem kleinen Büro im Wärmehäuschen direkt nebenan.
„Der Förderverein hatte für mich immer eine große Bedeutung“, sagt sie, lässt die Urkunden und Vitrinen hinter sich und geht wenige Schritte weiter in die gemütliche Westfälische Stube: mit Herdfeuer, ausgestopften Tieren und alten Eichenmöbeln.
700.000 Besucher in 36 Jahren
Ohne die Freunde und Förderer wären die meisten Zukäufe nicht möglich gewesen, sagt sie und setzt sich an den wuchtigen Tisch: weder das einst etwa 20 000 Mark teure Bett in der Upkammer hinter ihr, noch das schwarze Holzpferd für 6.000 Mark in dem für die Kirmesstadt Werne so wichtigen Sim-Jü-Raum ganz hinten oder die Werner Münzen aus dem Jahr 1610 vorne in der Vitrine für 1.500 Euro.
„Etwa 700 000 Besucher in 36 Jahren.“ Heidelore Fertig-Möller spricht die große Zahl gelassen aus. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Sie kann die Erkenntnis mit in den Ruhestand nehmen, das vergleichsweise kleine Museum, das der Lehrer Karl Pollender 1962 als Heimatmuseum gegründet hatte, zu einem Besuchermagneten gemacht zu haben.
120 Sonderausstellungen
„Daran hatten auch die 120 Sonderausstellungen Anteil“, sagt sie. Die erste, die sie selbst konzeptioniert hatte, war 1982 und hieß „Juden in Werne“. Für die Kleinstadt sei der Blick auf die 400-jährigen jüdischen Geschichte und ihr brutalen Endes durch die Nazis ein wichtiger Schritte gewesen, sich mit der schuldbelasteten Vergangenheit auseinander zu setzen – 37 Jahre nach Kriegsende.
200 Besucher hätten sich bei der Eröffnung im Spieker gedrängt, darunter auch Marga Spiegel, die versteckt von Bauern den Holocaust überlebt hatte: „Eine berührende Begegnung.“
Viele Pläne für den Ruhestand
Heidelore Fertig-Möller steht auf und geht – vorbei an dem abgedunkelten Raum für die 700 Jahre alte Kasel, einem der ältesten Messgewänder Westfalens, – zum Ausgang. Gibt es Projekte, die sie in ihrer Amtszeit noch hätte umsetzen wollen? Sie schüttelt den Kopf. Aber für den Unruhestand im Förderverein, im Verkehrsverein, im Heimatverein und bei den Altstadtfreunden fällt ihr noch jede Menge ein. Und für das bevorstehende Studium an der Uni Münster sowieso.
„Unser Sohn Marius hat dort erst im Februar promoviert“, sagt sie. Tochter Alexandra wenige Jahre zuvor. Will Mutter Heidelore jetzt auch noch ihre Doktorarbeit schreiben? Sie lacht, winkt ab und öffnet die Glastür zum Kirchhof. Genügend Themen böt die Werner Geschichte aber. Und das Alter wäre wohl auch kein Problem. Bei der gerade laufenden Bestimmung der Knochenaxt aus der Lippe gilt zumindest: „Je älter desto besser.“